Titelbild Hochformat

Paul Wormer

Inneres Joggen

Nr 185 | Mai 2015

Der Wonnemonat Mai ist ein guter Zeitraum, sich wieder einmal bewusst einer der schönsten und zudem auch noch die Gesundheit und das Wohlbefinden stärkenden Nebensachen der Welt zuzuwenden: dem Lachen! (mak)

Lachen ist eine spezielle Form des Atmens, genau wie Gähnen, Niesen oder Schreien. Doch es ist mehr als das. Lachen bedeutet, wieder einmal kräftig durchzuatmen. Durch die intensive Sauerstoffaufnahme wirkt Lachen sehr erfrischend, was jeder be­stätigen kann, der sich an ein schallendes Gelächter erinnert. Laut lachen bedeutet nicht nur kräftiges Durchatmen, sondern auch Entspannung und Massage der inneren Organe. Herzhaftes Lachen wärmt von innen, der Stoffwechsel wird angeregt, und man ist wieder in der Lage, die Dinge mit etwas Abstand zu betrachten.
Die soziale Wirkung des Lachens ist überwältigend. «Lachen ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen», wusste Charlie Chaplin. Kinder lachen bis zu 400-mal am Tag, wir ernsthaften Erwachsenen tun das nur noch zehn- bis fünfzehnmal täglich. Das ist mehr als schade. Man benötigt nur 15 Gesichts­muskeln zum Lachen, während man fast 40 Muskeln benötigt, um die Stirn zu runzeln. Lachen spart also viel Energie, mehr noch: Es erzeugt neue Energie. Lachen ist gesund: Wenn man tüchtig lacht, sinkt der Blutdruck und die Bauchorgane und Muskeln werden «massiert». Außerdem werden Endorphine freigesetzt. Diese Hormone können Glücksgefühle auslösen, haben schmerzstillende Eigenschaften und verringern die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol. Eine Lachsession von etwa zwanzig Minuten bringt ebenso viel Vitalität und Wohlgefühl wie eine Aerobic- oder Joggingsession, und das ohne Anstrengung! Lee Berk von der University of California hat herausgefunden, dass bereits die Vorfreude auf eine Komödie, darauf, einen Abend lang zu lachen und zu entspannen, eine Wirkung zeigt: Sie reduziert die Menge der Stresshormone und erhöht die der Antistresshormone sowie der Endorphine und Wachstumshormone. Es wurde wissenschaftlich nachgewiesen, «dass Optimismus und die Erwartung eines schönen Ereignisses oft zur Genesung eines Patienten beitragen». Wobei der Erwartung natürlich auch die Tat folgen sollte.
Kann man Lachen erzwingen? Ja, man kann einfach loslegen. Der Arzt Dhyan Sutorius schafft es mit seiner Lachmeditation, während ernsthafter Kongresse den ganzen Saal zum Lachen zu bringen. Es geht ihm nicht einfach nur darum, leises, lautes oder schallendes Lachen auszulösen. Für ihn ist Lachen eine Art intensives «inneres Joggen» (internal jogging), das von der Stille abgelöst wird.
Damit wird das Lachen zu einer echten Meditation, in der Aktivität und Konzentration miteinander in Einklang gebracht werden. Die Wirkung ist sowohl körperlich wie auch mental äußerst entspannend und wohltuend. Es ist eine Form der Aktivität, die dabei hilft, eine Situation oder ein Problem in Augen­schein zu nehmen und zunächst als gegeben zu akzeptieren. Das ist meist die Voraussetzung dafür, eine Lösung in Angriff zu nehmen oder ein nur scheinbares Problem zu enttarnen.
Auch ohne Lachmeditation kann sich jeder vornehmen, dem Leben, den Mitmenschen und sich selbst mit einem Lächeln zu begegnen. Es gibt genügend Augenblicke, in denen ein freundliches Lächeln angebracht ist. Am Arbeitsplatz gibt es genug zu lachen, auch ohne auf Kosten anderer Witze reißen zu müssen.