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Birte Müller

Inventur mal anders

Nr 231 | März 2019

Ein Freund und Wegwerfer verkündete mir neulich, das Ausmisten seiner Wohnung sei für ihn wie eine Inventur seiner Persönlichkeit. Tatsächlich empfinde ich es auch wie eine innere Inventur, meine Materialschätze zu durchstöbern und zu ordnen. Das bedeutet aber für mich noch lange nicht, dass ich mich von etwas trennen muss. Im Gegenteil: Ich schaffe durchs Sortieren lediglich Platz für neue Dinge und lasse mich inspirieren durch das Viele, was da ist.
Auf mich trifft es auch zu, dass meine äußere Ordnung die innere Ordnung beeinflusst. Denn in meinem Inneren sieht es zum Glück ebenfalls keineswegs klar und minimalistisch aus. Vielmehr stecke ich voller Ideen, die gleichzeitig nebeneinander existieren. Für mich ist das ein schönes Gefühl.
Ob oder wann der Zeitpunkt kommt, dass eine Idee zur Ausführung gelangt, ist nicht vorhersehbar. Oft hat es damit zu tun, was sich zufällig an neuem Material findet und ob es zu etwas passt, was in meinem Kopf schon als Vorhaben abgelegt wurde. Oder umgekehrt – ich habe plötzlich eine Eingebung, auf die der passende Werkstoff in meiner Sammlung schon förmlich wartet.
Eine große Herausforderung stellt für mich der Berg an sinnlosem Plastikmüll dar, der ständig anfällt. Ich habe dauerhaft den Wunsch, ihm noch einen Zweck zu verleihen und etwas Schönes daraus zu machen.
Aber ich reiße mich zusammen, nicht auch noch Plastikmüll zu horten, da würde sogar ich innerlich vermüllen. Bei mir stapeln sich eher Naturmaterialien und Verpackungen aus Pappe und Papier. Es genügt, dass meine Tochter Olivia schon reichlich Plastikkram zum Schatz erklärt und aufbewahrt.
Vor einiger Zeit haben wir tatsächlich sogar daraus etwas Schönes gemacht. Man kann ja wahrscheinlich aus allem etwas machen. Es wäre mir aber trotzdem viel lieber, wenn Plastikverpackungen komplett abgeschafft würden. Ich hasse sie! Deswegen kann ich es wirklich nur schwer nachvollziehen, warum manche Menschen sogar noch vorgefertigten Plastikkram zum Basteln für ihre Kinder kaufen. Natürlich mit exakter Vorlage, damit bloß kein Kind eine eigene Idee entwickelt.
Wenn wir wirklich mal nicht wissen, was wir machen sollen, treten Olivia und ich vor unsere Sammelsurien. Ich kann mich absolut darauf verlassen, dass diese Fülle an äußeren Möglichkeiten unser Inneres ebenfalls sofort erfüllt mit Lust und Tatendrang – ganz ohne Anleitung!


Plastik-Girlanden
Mit einer Nadelspitze, die ich an einer Kerze heiß gemacht hatte, haben wir in die Plastikschätze meiner Tochter Löcher geschmolzen und sie dann an langen Fäden aufgezogen.
Besonders dekorativ sind die Flaschenböden, die Olivia von PET-Flaschen abgeschnitten hat. Aber selbst Zahnbürstenaufsätze und Plastikdeckel aller Art sehen an den langen Ketten plötzlich schön aus.