Liebe Leserin, lieber Leser!
Goethe hat in seine Maximen und Reflexionen den von ihm einmal gehegten Gedanken aufgenommen: «Der ist der glücklichste Mensch der das Ende seines Lebens mit dem Anfang in Verbindung setzen kann.» – So gesehen kann ich mich als ziemlich glücklichen Menschen betrachten. Nicht, dass ich mich als am Ende meines Lebens angekommen empfände. Aber dem Alter nach nähere ich mich dem schon. Und so ist der «Anfang», mit dem ich mich in Verbindung setzen kann, auch nicht der meiner Geburt. Aber jüngst habe ich mich wieder der Musik zugewandt, mit der ich als sechzehn- und siebzehnjähriger meine Tage und Nächte erfüllte: der Musik und den Liedern der britischen Rockband Wishbone Ash. Es ist also vierundvierzig Jahre her, seit ich mich ganz in den Klängen aufgehoben fühlte, die die Band in ihren ersten drei Alben aufnahm. Und neben der epischen Weite und der archaisch-religiösen Tiefe ihres populärsten Albums Argus sind es insbesondere die zwei lyrischsten Lieder ihres zweiten Albums Pilgrimage, die mich heute wieder im Innersten berühren: The Pilgrim und vor allem Valediction:
Leaving is a sin, they say, / Loneliness the price to pay / Sad for you, I go once more / I’ll dry my eyes on a distant shore. // No way of freezing the rising tide / No way of keeping you by my side / Like a bird, I’ll fly high / Guarding over this love of mine. – So lautet die erste Strophe mit ihrem Refrain, gesungen und mit weinenden Gitarren und pochendem Schlagzeug begleitet von Andy Powell, Ted Turner, Martin Turner und Steve Upton.
A room of trust, a room of fears / A room of laughter with a few sweet tears / There we lay that sunny dawn / Calm but helpless as it lingered on // No way of breaking the march of time / No way of keeping our love sublime / Like a bird, I’ll fly high / Watching over this love of mine. – So schreitet die Zeit unaufhaltsam weiter, und es gibt keinen Weg, die Liebe auf ihrer Höhe zu halten. Aber wie ein Vogel fliege ich hinauf und wache über meine Liebe … Das sind doch zwei gegenläufige Aussagen!
Many times we’d hurry by / Loose our problems in a knowing smile / Many days were swept along / Left unnoticed as our love grew strong // Knowing that each of us would always know / Believing one of us would never go / Like a bird, I’ll fly high / Watching over this love of mine. – Bei einem Konzert in Hamburg vor wenigen Jahren hat der eine der zwei legendären Leadgitarristen, Andy Powell, der von Anfang an bei der wechselnden Besetzung der Band dabei war, erwähnt, dass besonders in Deutschland das Lied Valediction (Zum Abschied) gewünscht wird. Als wäre es eine tiefe Sehnsucht der deutschen Seele, an die stille Treue der zeitüberdauernden Liebe erinnert zu werden … Mögen wir alle, jeder auf seine Weise, zu den glücklichsten Menschen zu zählen sein!
Von Herzen grüßt Sie,
Ihr Jean-Claude Lin