Im unermesslich weiten, hohen, tiefen Weltall ist die Erde klein – winzigst klein. Doch wie kostbar ist das Leben, das sie auf wundersame Weise beherbergt: so mannigfaltig, verwandlungsfähig, bewundernswürdig schön! Alles deutet aber darauf hin, dass wir als Menschen dabei sind, solche Verhältnisse herbeizuführen, dass ein Leben, wie wir es auf dieser Erde kennen, in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sein wird. Unsere Gesprächspartnerin, die Geologin und künstlerische Leiterin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Margret Boysen, macht unsere Situation an einem Vergleich sehr deutlich: Beim fiebernden Menschen machen nur ein paar Grad Temperatursteigerung den Unterschied zwischen Leben und Tod. So kann eine Erwärmung der Erde um «nur» 2 oder 4 Grad sehr entscheidend für die Möglichkeit und Gestalt des Lebens auf dieser Erde werden. Doch, wie Margret Boysen es so treffend formuliert: «Die Welt geht ja nicht aus Bosheit zugrunde, sondern weil es so kompliziert ist, ein Umweltengel zu werden.»
Aufzuwachen für die Bedingungen und Zusammenhänge unseres Lebens ist eine Forderung, die immer stärker empfunden wird. Immer mehr, insbesondere junge Menschen fühlen die Tatsache, dass die Erde uns nicht zur willkürlichen Ausbeutung gegeben wurde, sondern zu «treuen Händen», damit sie gehegt und gepflegt werde.
Vor einigen Wochen überraschte mich ein Leser dieses Lebensmagazins mit der Zusendung seines bei PalmArtPress in Berlin erschienenen Buches Kurze Entfernung aus dem Gespräch. Von der Freiheit, «damit zu tun, was Ihnen richtig und passend erscheint», die der Autor Raimund Petschner mir in seinem Begleitbrief bescheinigt, möchte ich hier gerne Gebrauch machen. Eine der vielen sorgfältig formulierten und lebens- wie gedankenvollen «Miniaturen» genannten Beobachtungen dieses Buches trägt die Überschrift «Hände» und lautet so:
«Eine lebenswarme Wachheit für das Singuläre – und ein ausgeprägter Sinn zugleich für Typenhaftes und Serielles, für die unbewußte Serie, die zugrundeliegende Struktur : Wer beides miteinander in seiner Person vereint, wird leicht zu einem Bieter von Verläßlichkeit, ja, seltsamerweise, trotz kritischen Geistes, zum Spender von Geborgenheit. Mit der Singularitäts- und mit der Abstraktionshand : mit beiden, achtsam, umfaßt er, was nicht fallen soll.»
Die Erde mit ihrem reichen Leben soll durch unsere beiden Hände nicht fallen, sondern geborgen bleiben. Das mag zwar so kompliziert klingen wie das Bestreben, ein Umweltengel zu werden, doch nicht gänzlich
unmöglich.
Auf dass wir diese treuen Hände entwickeln, grüßt Sie von Herzen
Ihr
Jean-Claude Lin