Eine Jugend in den der 1960er-Jahren, «im hässlichsten Dorf der Niederlande», wie Ton Hafkamp selbst sagt. Das elterliche Regiment bildet ein Schlachtermeister und eine Mutter, die ihre im Morgenmantel verbrachten Tage mit selbst erdachten adligen Vorfahren legitimiert. Höhepunkte im Leben des Jungen sind die Tage beim Onkel – und dessen Bibel mit Zeichnungen Gustave Dorés. Hier holt er sich erste Inspirationen, als 12-Jähriger malt er «Das Letzte Abendmahl», zwei Jahre später «Die Opferung Isaacs». Der Wunsch, die Kunstakademie zu besuchen, wird ihm verwehrt. Das Regiment ist hart, die Technische Hochschule die Vorgabe. Doch zunächst arbeitet Ton als Jugendlicher mit auf dem Schlachthof. Tierkadaver anstelle von hoher Kunst, vierschrötige Gesellen anstelle von inspirierenden Kommilitonen …
Es folgt die Zeit an der TU in s’Hertogenbosch: «Wir schreiben das Jahr 1971 und ich bin 21. Während es draußen in der Stadt drunter und drüber geht, versuche ich zu schreiben, um mich in den Griff zu bekommen und das Chaos in meinem Kopf zu ordnen.» Er liest Sartre und Foucault, Freunde findet er im Künstlercafé, die Nächte sind exzessiv, geprägt von Alkohol, Drogen und psychedelischer Musik.
Mit 27 Jahren erfolgt der erste tiefe Einschnitt: Er wird ins «Haus Padua» eingeliefert, Diagnose: akute Schizophrenie. Dort wird er zunächst ruhiggestellt, Medikamente regeln seinen Tages- und Nachtrhythmus. Doch bald wird ihm bewusst, dass er dieses Leben nicht annehmen will: «Ich fasse den Entschluss, meine Geschichte für mich zu behalten, das Etikett ‹Schizophrenie› wie eine Hautkrankheit zu verbergen. Was ich brauche, ist eine Maske, die mich unkenntlich macht, sodass ich nicht mehr zu lesen bin.»
Es gelingt ihm, seine Entlassung zu bewirken und alle Medikamente abzusetzen. Nach einigen Aushilfsjobs bekommt er sogar eine feste Anstellung als Technischer Zeichner. Der Sprung zurück ins Leben scheint möglich! Doch bald stellt er fest, dass das streng vorgegebene Aufgabenfeld ihn jeglicher Kreativität beraubt. Zudem akzeptieren Nachbarn und Kollegen ihn nicht, er bleibt «der Andere», wird mit seiner Zurückgezogenheit nicht in die Gemeinschaft aufgenommen. Er flüchtet in die Literatur und beginnt, sich intensiv mit Farbstudien zu beschäftigen.
Im Winter 2006 kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung. Beim Eislaufen lernt er die Schriftstellerin Karin Anema kennen und spürt schnell, dass er es mit einem Menschen zu tun hat, dem er vertrauen kann. Geduldig hört sie ihm zu und kann mit seinen gelegentlichen Rückzügen umgehen. Als sie einen Auftrag abgeschlossen hat, fragt er sie, ob sie nicht ein Buch über sein Leben schreiben wolle, und sie, die bisher verschiedene Kontinente bereist hatte, um über fremde Völker zu schreiben, begibt sich auf die faszinierende Reise in die Randbezirke des menschlichen Geistes. So entsteht das Buch Heute kauf ich alle Farben.
Der Titel spiegelt das Resultat der engen Beziehung zwischen den beiden. Denn diese Begegnung bedeutet für Ton Hafkamp mehr als eine Freundschaft. Durch den intensiven Austausch über die schlimmen Jahre, die er hinter sich hat, gewinnt er einen neuen Zugang zu seiner Kunst. Und zum ersten Mal nach vielen Jahrzehnten geht er in eine Kunsthandlung, um sich Leinwand, Pinsel und Farben zu besorgen. Kurz nach der Fertigstellung des Manuskripts verstarb Ton Hafkamp im Alter von nur 64 Jahren. Er hinterließ ein umfangreiches Werk an Zeichnungen, Radierungen und Gemälden.