Eine goldene Dose – gefüllt mit Louis d’or. Ludwig van Beethovens einzige größere Konzerttournee hatte den 26-jährigen aufstrebenden Komponisten und bewunderten Pianisten nach Aufenthalten in Prag, Dresden und Leipzig schließlich auch an den Hof des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. geführt. Und diese «Potsdamer Tage» im Frühsommer 1796 sollten nicht nur für den großen Neuerer der Musik lohnenswerte werden – eben eine goldene Kiste voller Louis d’or.
Auch uns Nachgeborene entlohnt bis heute diese gar folgenreiche Begegnung Beethovens mit dem äußerst musikbegeisterten Monarchen – selbst ein begabter Dilettant am Violoncello – sowie mit Jean-Louis Duport, dem ersten Cellisten am Hof. Denn es sind die beiden eigens für diesen Anlass komponierten und Friedrich Wilhelm II. gewidmeten Cellosonaten op. 5, die den Beginn einer sporadischen, doch nachhaltigen Beschäftigung Beethovens in all seinen Schaffensphasen mit diesem so herrlichen Instrument markieren, das 2018, also 222 Jahre später, «Instrument des Jahres» ist. Es sind diese beiden, von Beethoven und Duport persönlich am Preußenhof uraufgeführten jeweils zweisätzigen Sonaten in F-Dur und g-Moll, die das ursprüngliche Continuo-Instrument Violoncello endgültig solistisch emanzipieren sollten – und zudem nichts weniger als eine neue kammermusikalische Gattung begründeten: die Cellosonate.
Insgesamt fünf Sonaten für Klavier und Violoncello hat Beethoven im Lauf von fast zwanzig Jahren geschrieben – zu den beiden 1796 entstandenen Werken aus jungen Jahren gesellten sich noch die glanzvolle Sonate op. 69 in A-Dur von 1808 sowie die manchen Zeitgenossen irritierenden Sonaten op. 102 in C-Dur und D-Dur von 1815, über welche in der Wiener Allgemeinen Musikalischen Zeitung noch drei Jahre später zu lesen war: «Diese beyden Sonaten gehören ganz gewiss zu dem Ungewöhnlichsten und Sonderbarsten, was seit langer Zeit, nicht nur in dieser Form, sondern überhaupt, … geschrieben worden ist. Alles ist hier anders, ganz anders, als man es sonst, auch sogar von diesem Meister selbst, empfangen hat.»
Allen fünf Werken gemein ist dabei ihre jeweilige Einzigartigkeit in Struktur, Inhalt und Art. Keines gleicht dem anderen.
Vielmehr steht jede einzelne dieser fünf Beethovenschen Cellosonaten als solitäre Wegmarke innerhalb des Gesamtwerks des Wieners vom Rhein, repräsentiert gleichsam eine Schaffensperiode des Komponisten – und belohnt die aufmerksame Hörerin wie den geneigten Hörer immer wieder aufs Neue mit individuellem Spielwitz, Einfallsfülle und Risikofreude.
Der französische Cellist Marc Coppey, technisch glänzender Könner an seinem Instrument, ist nun gemeinsam mit seinem nicht minder virtuosen russischen Klavierpartner Peter Laul das Risiko eingegangen, das Gesamtwerk Beethovens für Violoncello und Klavier – alle fünf Cellosonaten, dazu Variationen über Themen von Händel sowie Mozart – chronologisch geordnet im kleinen Saal der Sankt Petersburger Philharmonie (dem Ort zahlreicher Uraufführungen von Beethovens Werken und zudem der Heimstadt von Fürst Nikolai Golizyn, einem treuen Gönner und leidenschaftlichen Cellisten) als Livekonzert aufzunehmen.
Und dieses Risiko lohnte: Selten ist das ungewöhnliche und sonderbare, das befreiende und schöne der Cellowerke Ludwig van Beethovens überzeugender nachhörbar geworden, als im Ergebnis dieses Sankt Petersburger Wagnisses von Marc Coppey und Peter Laul. Die Doppel-CD zu diesem Konzert ist mit ausführlichem, überaus informativem Booklet und in wunderschön ausbalancierter Aufnahmetechnik beim Label audite erschienen.