Seit ich Bücher mache, höre ich die Verlage jammern, dass der Buchmarkt in der Krise sei. Mein erstes Bilderbuch ist vor 13 Jahren erschienen und erstaunlicherweise gibt es noch immer sehr viele Verlage und Buchläden. Vor einigen Jahren tauchte ein neues Schreckensgespenst auf: Das eBook! Das soll nun der endgültige Tod des richtigen Buches sein! Ich glaube nicht daran.
In unserem Haushalt gibt es beides: eBooks und richtige Bücher. Männer schaffen ja gerne elektronische Geräte an (in unserem Fall ein iPad), und wenn sie dann noch argumentieren können, dass es so gute Lernprogramme für die Kinder (besonders für behinderte Kinder) gibt, dann stimmen (falls sie überhaupt gefragt werden) sogar die Frauen zu.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich meinen Mann auch nicht frage, bevor ich ein Bilderbuch kaufe, und von denen gibt es etwa 500 Stück bei uns – dagegen sind auf unsrem iPad nur fünf sogenannte «Bilderbuch Apps». Ich habe deswegen ein Problem mit dem Kaufen von Bilderbüchern als App, weil ich sie nicht einfach vor dem Kauf in die Hand nehmen und kurz durchblättern kann. Diejenigen Bücher, die ich auf gut Glück runtergeladen habe, sind zwar deutlich günstiger gewesen als richtige Bücher im Buchladen, dafür sind sie aber leider auch alle ziemlicher Schrott.
Der Vorteil der Bilderbuch-Apps ist aber eindeutig der, dass sie keinen Regalplatz brauchen und demnach auch nicht aus dem Regal herausgerissen werden können und also auch nicht überall herumliegen und aufgeräumt werden müssen. Auch kann Willi aus einem elektronischen Buch keine Seiten rausreißen! Für Willi ist der Vorteil vom Buch auf dem Computer, dass es jede Menge Geräusche macht und einige sogar Musik von sich geben. Ansonsten finde ICH persönlich, ist es ein echter Vorteil des richtigen Buches, dass es eben keinen Lärm macht.
Vielleicht könnte es ein Nutzen für Eltern sein, dass sie ihren Kindern das Tablet-Ding einfach in die Hand geben, wo ihnen das Buch dann automatisch vorgelesen wird, und sie selber können dann solange auf ihrem SmartPhone E-Mails schreiben oder kochen und putzen. Ich persönlich wäre allerdings niemals so irre, meinem Sohn Willi ein 600 Euro teures elektronisches Gerät zu überlassen, denn seine Experimentierfreude ist groß – und ich bin sicher, dass er seinen Fischen im Aquarium gerne mal das Ding zeigen würde. Meine Tochter Olivia könnte ich, wenn ich denn wollte, schon mit dem Teil allein lassen, aber sie würde dabei ohnehin alle fünf Sekunden rufen: «Mama, guck mal!» – und es würde mir keine freie Zeit verschaffen. Aber es gibt noch einen weiteren großen Nachteil am Bilderbücher-Anschauen auf einem Tablet: Man hat eigentlich IMMER auch Filme für die Kinder drauf (was schon den einen oder anderen Amoklauf von Willi in Wartezimmern bei Ärzten erfolgreich verhindert hat, und dann LIEBE ich das Teil einfach!). Aber wenn die Kinder oft genug beim Bilderbuch-App auf der Kuh herumgepatscht haben und diese oft genug «Muh» gesagt hat, fällt ihnen ein, dass sie sowieso lieber einen Film anschauen würden, und schon beginnt die lästige Quengelei, die man zum Glück sonst beim Büchervorlesen wenigstens mal nicht hat.
Dasselbe Theater gibt’s übrigens auch, wenn der Papa sich mal mit dem Tablet aufs Sofa legt, um darauf seine Tageszeitung zu lesen: Sofort hüpfen jubelnd die Kinder auf ihm herum und wollen mit ihm einen Film schauen oder ein Spiel spielen ... mit einer normalen Zeitung passiert sowas nicht!
Was ich persönlich den größten Vorteil am richtigen Buch finde? Ich sitze damit abends neben meine Kinder gekuschelt im dämmrigen Licht, schaue auf das Buch herunter und es spiegelt sich in ihm nicht diese hässliche Falte unter meinem Kinn, die ich auf dem Display ständig anschauen muss ...