Venus, der hellste Planet, kann etwa ab dem 19. Juni früh am Morgen wahrgenommen werden. Wo der Himmel am stärksten aufleuchtet, ist sie zu finden. Die Sonne ist in der Nähe, sie wird eine knappe Stunde später aufgehen (etwa um 5 Uhr). Die Lichtstärke nimmt überraschend schnell zu, in drei Wochen beginnt bereits die Phase des größten Glanzes (8. Juli). Dann wird ihr Aufgang an einem sternübersäten Himmel stattfinden. Im Mai ein Schmuckstück am Abendhimmel, Ende Juni Herrscherin über den Morgenhimmel – wie schafft sie das nur?
Venus wird bis Dezember immer weiter südlich aufgehen. Sie bewegt sich meistens mit der Sonne mit. Unsere Abbildung zeigt, dass sich die Position der Sonne im Stier Anfang Juni in Richtung der Hörner verschiebt. Venus folgt fast immer der Sonne auf ihrem unsichtbaren Weg nach Osten entlang der Sterne. Bis zum 13. Mai zog sie mit jeder Woche deutlich langsamer in Richtung des obersten Horns des Stieres. Ab dem 15. Mai bis zum 27. Juni bewegt sie sich jedoch in die der Sonne entgegengesetzte Richtung. Bis zum 6. Juni eilt sie der Sonne in immer schnellerem Tempo entgegen! Am 15. Mai stand sie 29° östlich von der Sonne, sechs Wochen später wird sie sich genauso weit westlich von ihr befinden. Von der Sonne aus betrachtet, schwingt sie in hohem Tempo von links nach rechts. Sechs Wochen lang folgt sie ihr nicht, sondern sie rebelliert.
Außerdem bewegt sie sich von einer Position im Stier, die hoch über der Sonnenbahn liegt, in eine Position weit darunter. Der 6. Juni bietet die Möglichkeit, ein seltenes Phänomen zu beobachten: Venus erscheint, nachdem sie genau die Hälfte ihres rebellierendes Ganges vollzogen hat, als ein schwarzer Punkt vor der Sonnenscheibe. Wie klein sie ist vor dem Hintergrund der riesigen Sonnenscheibe!
Wenn am Mittwoch, dem 6. Juni, die Sonne aufgeht, befindet sich der sogenannte Venustransit bereits in seiner letzten Phase. Wir können das Schönste aber noch miterleben. Venus steigt schneller als die Sonne und braucht 18 Minuten, um über den Sonnenrand hinwegzukriechen. Vom Beobachtungsort Deutschland aus geschieht dies in der Zeit zwischen 6:37 Uhr und 6:55 Uhr. Sonne und Venus stehen dann noch sehr tief. Benutzen Sie bitte eine spezielle Beobachtungsbrille, um (spätere) Schädigungen der Augen zu vermeiden!
Erst am 11. Juni 2247 wird es wieder einen Venustransit im Stier geben. Auch im Skorpion kann Venus eine Position zwischen Sonnenscheibe und Erde erreichen. Die beiden nächsten Durchgänge werden sich in diesem Sternbild ereignen (11. Dezember 2117 und 8. Dezember 2125).
Der norwegische Sternenführer meldet für die Städte nördlich des Polarkreises sowohl den Zeitpunkt für den «utgang» wie für den «inngang». Letzterer ist um 0:04 Uhr. Nach beinahe 7 Stunden, also nach dem «utgang», ist die Möglichkeit, Venus als kleine schwarze Scheibe zu erblicken, für alle heute Lebenden vorüber. Nur in unserer Erinnerung kann sie dann noch auftauchen – als ein pechschwarzer Punkt, der schneller steigt als die Sonne.