Linus ist elf, ein ganz normaler Junge und schwer von Mila beeindruckt. Mila ist neu in der Klasse, ziemlich cool und hält sich abseits. Linus möchte sie auf sich aufmerksam machen, doch Mila nimmt ihn kaum wahr. So ist er überrascht, als sie ihn einlädt, in einem Geheimclub zur Befreiung von Tieren mitzumachen. Fortan schleicht er nachts aus dem Haus und steht Schmiere, während Mila Kaninchen befreit, oder hilft ihr, ein einsames Pferd zu einer Herde zu bringen. Doch als Mila alle Schweine einer benachbarten Massentierhaltung befreien will, ringt Linus um eine Lösung, die Wirkung entfaltet, aber legal ist. Mithilfe von Oma Anneliese kaufen sie zwei Schweine frei und bringen sie unter den Augen der vorher informierten Presse in ein Schweineasyl. Das Fernsehen berichtet von der Aktion. Die Polizei wird aufmerksam und lädt die Kinder wegen ungeklärter, ähnlich gelagerter Fälle, bei denen auch Tiere zu Schaden gekommen sind, zum Gespräch. Linus leugnet und schweigt beharrlich, wie er es versprochen hat. Doch Mila gesteht, weil sie Linus nicht vertraut. Linus ist grenzenlos enttäuscht, sein Bild von Mila zerbricht.
Linus, aus dessen Perspektive erzählt wird, wächst in einer geordneten, konservativ orientierten Familie auf. Ein bisschen patriarchalisch, gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Fernsehen, gemeinsame Fahrten zur Oma. Bis Linus sich widersetzt. Und seine Familie hintergeht – weil er Mila treffen will. Milas fordernde Art lockt etwas in ihm hervor, das er noch nicht kannte. Er fühlt sich stark und unabhängig. Er ist stolz.
Jetzt gesteht er sich ein, dass Mila ihn mit List vor den eigenen Karren gespannt hat, weil sie ihn für fügsam und unauffällig hielt. Wütend ignoriert er sie wochenlang. Erst als sie sich aussprechen, fügt er die neuen Seiten Milas seinem Idealbild hinzu: dass sie auch mädchenhafte Züge hat, verletzlich ist, zaghaft sein kann. Und ihr an seiner Freundschaft liegt.
Massentierhaltung als politisch und gesellschaftlich brisantes Thema wird in der Geschichte offen, aber nicht reißerisch behandelt. Kinder werden über die qualvolle, nicht artgerechte Haltung von Tieren als einem Symptom unserer Konsumgesellschaft informiert, ohne dass das Buch grausam wird oder offen eine Meinung vertritt. Mila und Linus stehen unterschiedlich dazu. Mila ist radikale Tierschutzaktivistin; Linus sieht auch das mit den Aktionen verbundene Unrecht, fühlt Mitleid mit dem bloßgestellten Bauern und erlebt den Widerspruch, Tiere zu mögen und gern Fleisch zu essen.
Dieses Kinderbuch überrascht, und das liegt wesentlich an der originellen und humorvollen Sprache. Die Verbindung der Themen Tierschutz und Freundschaft glückt, weil die Figuren echt und lebendig agieren. Linus’ Perspektive, seine allmähliche Entwicklung wirkt frisch und überzeugend. Wir sehen Mila mit seinen Augen, erleben seine Gewissenskonflikte, seinen neuen Blick auf die Menschen seiner Umgebung. Linus steht fest im Leben, er ist stabil, offen, freundlich, ein bisschen schüchtern vielleicht. Sein grundsätzlich munteres Wesen spiegelt sich in seinem Wortwitz. Als er den Journalisten schlagfertig Rede und Antwort steht, wundert sich Linus über sich selbst: «Er war im Floh. So sagte man doch, wenn alles wie von selbst ging …»
Die spannende Geschichte einer schwierigen Freundschaft, genial erzählt.