Martha klappt ihren Computer zu. Ihre Home-Office-Stunden sind um. Jetzt heißt es: Betten machen, Gemüse putzen, schnell die Wäsche aufhängen, den Müll rausbringen und den Tisch decken. Fünf Sets liegen bereits auf dem alten Holztisch. Heute holt Tim die Kinder vom Kindergarten und der Schule ab, das verschafft ihr die nötige Zeit für die Hausarbeit. Ihr leidvolles Thema, denn Tim und sie streiten immer wieder deswegen.
Er hat einfach andere Vorstellungen von Sauberkeit und Ordnung – und auch sein Zeitmanagement in der Familie ist oft ein völlig anderes als bei seiner Arbeit im Labor. Gerade gestern hing der Haussegen schief, weil Tim Martha einen «Feldwebel» genannt hat. Sie muss immer alles unter Kontrolle haben. Dabei kann sie in der Kindertagesstätte, die sie zusammen mit ihrer Kollegin Svantje leitet, gut loslassen. Die beiden Frauen teilen sich eine Stelle. Martha arbeitet von Montag bis Mittwoch und hat zusätzlich einen Home-Office-Tag.
Martha sieht Tims Qualitäten in ihrem Familienleben sehr genau. Mit großer Verlässlichkeit hält er ihre beiden Autos und die Fahrräder der Kinder mit ihnen gemeinsam in Ordnung und beschwert sich fast nie über den Müll, den die Kinder im Auto hinterlassen. Das kennt sie aus anderen Beziehungen anders. Auch das Einkaufen bereitet ihm im Gegensatz zu ihr richtig Freude. Auch deshalb sieht sie schon mal über zu viel Chips und Limo hinweg.
Nach mehreren «Kampfjahren» um die finanziellen Belange ihrer Familie haben sie eine konstruktive Idee entwickelt: Alle 14 Tage setzen sie sich zusammen, um die Finanzlage zu besprechen, weil ein guter Überblick beiden als Kinder selbständiger Eltern sehr am Herzen liegt. Martha erinnert sich noch mit Schrecken an den Konkurs der Firma ihres Vaters und die Folgen. Zum Glück hat Tim sie in ihrer «alten Sorge» gut verstanden. Er ist auch derjenige, der sich um die Steuer- und Versicherungsangelegenheiten kümmert. Nur im Bereich der Termine für die Kinder hakt es noch bei ihnen.
Martha hat deshalb einen Familien-Terminplan an den Küchenschrank gehängt, um den Überblick über Arzt- und Geburtstagstermine, Sportveranstaltungen, Musikunterricht und Elternabende im Auge zu behalten. Ja – manchmal hebt sie sie mit Farbe besonders hervor, um auf diese Weise Tim ihren ganz alltäglichen «Terminwahnsinn» zu demonstrieren. Denn Tim findet immer wieder, die Termine seien ihre Aufgabe, da sie ja nicht wie er ganztags arbeite!
Tim ist in einem Zahntechniklabor tätig. Sein Chef, selbst Vater von drei Kindern, ist ein Verfechter der sogenannten «Work-Life-Balance» oder auch «Work-Family-Balance». Deshalb konnte Tim komplikationslos die Elternzeit wahrnehmen und genießt die Vorteile der gleitenden Arbeitszeit. Wenn aber ein «Notzustand» im Labor herrscht, ist es Tim, der selbstverständlich seine Ressourcen zur Verfügung stellt. Auf diese Weise ist es ein «Geben und Nehmen», denn erkrankt eines der Kinder, kann es auch Tim sein, der die «Krankenpflegerrolle» übernimmt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ihre Arbeitsteilung bilden die Basis für das Familienleben von Martha und Tim, und darin sind sie oftmals für ihre Freunde ein Vorbild.
Insgeheim weiß Tim natürlich, dass die Terminangelegenheiten der Kinder auch ihn angehen und deshalb hat er sich entschlossen, sich mehr gemeinsam mit Martha in der Schule zu engagieren. Damit will er sie beim nächsten Finanzgespräch überraschen. Und er weiß – das wird auch ihrer Partnerschaft gut tun!