Früher ging mein Sohn Willi in einen tollen sonderpädagogischen Kindergarten. Sie bastelten dort viel, und mir ist eigentlich bis heute nicht ganz klar, wie viele von den nach Hause gebrachten Kunstwerken eigentlich von Willi selbst sind. Einmal sagte Willis Heilpädagogin ganz nebenbei zu mir, dass ich – bei meinem Beruf – ja sicher ständig mit Willi zu Hause malen und werken würde. Ich erstarrte innerlich, denn tatsächlich ist Willi, seit er laufen und Sachen herunterreißen konnte, nicht einmal in meinem Atelier gewesen.
Ich trenne Arbeit und Mama-Sein, so gut es geht. Mein Arbeitsplatz ist mein Rückzugsort. Wenn ich auch sonst viel Geduld habe mit den Kindern, könnte ich beim Schreiben bei der geringsten Störung platzen. Olivia kommt manchmal in mein Atelier, aber richtig arbeiten kann ich dann nicht. Wir wurschteln dann einfach herum. Auch schön.
Um mit Willi regelmäßig zu basteln, fehlen mir schlichtweg die Nerven. Ich liebe Willis Lehrerinnen dafür, dass sie mit ihm mit Ton matschen und filzen. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie sie das hinbekommen! Willi lässt sich von ihnen sogar die Hände führen, was ich noch nie durfte!
Ab und zu packt mich aber doch die Lust, auch mit Willi Kunst zu machen. Oder ist es mein schlechtes Gewissen? Dann malen wir draußen mit großen Pinseln auf riesigen Blättern. Danach muss ich wenigstens nicht die Wohnung renovieren, sondern nur die Terrasse kärchern. Willi bemalt immer am liebsten sich selbst und danach alles andere: Gartenstühle, Fensterscheiben, kleine Schwestern. Was ihm auch Spaß bringt, ist mit Kleister und Zeitungspapier zu arbeiten. Allerdings pult er die Papierstreifen genauso gerne später wieder ab, wie er sie am Anfang draufgeklatscht hat. Dann merke ich immer, dass ich doch nicht so frei vom Wunsch bin, ein Ergebnis zu erzielen, wie ich es gerne überall propagiere. Ich nehme manchmal Willi sein Werkstück sogar weg, bevor er es – aus meiner eingeschränkten Sicht – wieder kaputt machen kann. Wieder einmal ist mir mein Sohn weit voraus, er muss gar nicht Konfuzius kennen. Auf sein ganzes Dasein trifft dessen Motto zu: Der Weg ist das Ziel. Ich dagegen übe noch.
Engel aus Papier und Kleister – die Weihnachtszeit ist ja nur noch einen Monat hin. Aber eigentlich kann man Engel ja das ganze Jahr über brauchen.
Wir nennen es oft Pappmaché, aber der Schichtaufbau von Papierstreifen mit Kleister heißt eigentlich Kaschiertechnik. Es ist ein denkbar einfaches Verfahren, mit dem man sehr stabile Objekte jeglicher Form aufbauen kann. Es ist hilfreich, einen Innenkörper zu haben, auf den man die Papierstreifen aufkleistert, dann sackt es nicht wieder in sich zusammen, wenn beispielsweise Kinder wie Willi viel zu viel Kleister nehmen. In diesen Engeln stecken zwei Bierflaschen, dadurch stehen sie stabil.
Bei Innenformen aus Pappe sind die Objekte nach dem Trocknen schön leicht. Das Trocknen kann aber, je nach Größe, ziemlich lange dauern.