Wenn man morgens aufwacht, die Sonne scheint ins Zimmer, man schaut hinaus und sieht zwischen dem blauem Meer und dem gleichfarbigen Himmel etwas Rot-Weißes im Wind flattern, kann das Verschiedenes bedeuten. Aufgrund des nur schwer erklärbaren Meeres weiß man schnell, dass man sich nicht in Österreich befindet, und wenn der innere Bezug zu Polen sich nicht sofort einstellt, kann auch diese Option rasch ausgeschlossen werden. Gut, wenn man schon so weit gedacht hat, ist es wahrscheinlich, dass sich im Hintergrund der sich in den Tag hineintastenden Reflektionsarbeit schon die Lösung eingestellt hat: «Ach ja, ich bin ja in Dänemark!» Aber auch dort kann man das erste Licht des Tages auf verschiedene Weisen erblicken – und manchmal trifft es sich, dass in den anderen Zimmern noch ein paar nahestehende Menschen schlafen …
Als sich Gerlinde Kurz eines Morgens in genau dieser Situation befand, musste sie gar nicht erst lang darüber nachdenken, wie sie diese ersten Stunden des eben begonnenen Tages nutzen wollte – sie wusste es bereits. Eine Teetasse später befanden sich die ersten Sätze auf dem Papier. «Natürlich hatte ich schon vorher ein paar Fäden gesponnen, aber es brauchte doch diesen besonderen Moment, um mich wirklich hinzusetzen und mich dem oft zitierten weißen Blatt zu stellen.»
Zum Glück hatten die Ferien noch einige weitere freie Stunden zu bieten, und so gelang es, dass die gelernte Hebamme damit beginnen konnte, ihrem ersten Buch zur Geburt zu verhelfen. «Die vielen Tage, Wochen und Monate, in denen ich an dem Buch arbeitete, haben mir gezeigt, dass das Dasein als Autorin oft auch sehr einsam sein kann. Man darf ja nicht erwarten, dass die Menschen um einen herum sich genauso intensiv mit der Geschichte verbinden, wie man selbst. Also war ich manchmal in Gedanken noch so intensiv bei den Figuren meines Romans, dass ich gar nicht mitbekam, worüber meine Familie und Freunde sich unterhielten.»
Doch das Schreiben besteht nicht nur aus dem einsamen Brüten und Formen. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten ist wichtig für das Wachsen und Werden einer Geschichte, etwa mit den Kolleginnen in der Schreibwerkstatt.
Und dann, wenn das Buch tatsächlich das Licht der Welt erblickt hat, sind da natürlich die Reaktionen der Leser. Bei der ersten Lesung vor Schülern wollten die Kinder wissen: «Wie kommst du auf deine Geschichten? … Gab es die Frau aus deiner Geschichte wirklich, die mit dem Auto um die ganze Welt gefahren ist?»
Dann kommen weitere Leser: Natürlich in erster Linie die Kinder, für die das Buch geschrieben wurde, aber auch ihre Eltern, die Buchhändler und Rezensenten, die es auf Herz und Nieren prüfen und wissen wollen, wer denn diese neue Autorin ist. «All das ist ja ganz neu für mich, und ich freue mich auf die vielen Fragen und Anregungen!», sagt die Autorin.
Was könnte da Besseres passieren, wenn sich auch der eine oder andere berufene Mund aus der schreibenden Zunft dafür interessiert, wer da Neues aufgetaucht ist! Und wenn beispielsweise Isabel Abedi nach dem Lesen des Buches schreibt: «Gerlinde Kurz erzählt mit leisem Zauber und ganz viel Herz. Sophies verwunschene Geschichte macht glücklich und ich wünsche ihr viele Leser!», können die nächsten Lesungen gern kommen – und mit ihnen die Frage: «Wann schreibst du dein nächstes Buch?»
Von Michael Stehle