«Weit von hier, ganz nah bei uns», heißt es im gleichnamigen Buch von Tonke Dragt, «liegt die Januarische Botschaft, verborgen in einem riesigen Gelände, in einem endlos großen Haus, das gewachsen und nicht gebaut ist». Lange kann man sich als Leser oder Leserin mit Otto, dem jungen Protagonisten im ersten Buch Auf der anderen Seite der Tür ihres letzten großen Romans Meere von Zeit, in diesem großen Haus verirren. «Dort hat man Meere von Zeit, und jeder ist willkommen: Reisender oder Hausmaus, zufällig Vorübergehender oder Pilger mit einem Ziel. Dort ist Platz für welchen Landstreicher, Vagabunden & Verirrten auch immer, eine Stätte für jeden Fremdling, Flüchtling, Muggeling, Alien, Einwanderer, Asylsucher, Weggelaufenen, Wanderer, für jede Streunekatze oder … einfach für dich & mich.» Und dann kommt jene Frage, die unweigerlich jeder sich stellt, der die «Januarische Botschaft» Tonke Dragts betritt:
«Und wo ist die Januarische Botschaft?
Auf der anderen Seite der Tür.
Welche Tür?
Jede Tür!»
Im ersten ihrer fünfzehn Liebesbekenntnisse an das Wunderbare und Geheimnisvolle der Welt, die in ihrem persönlich-überpersönlichen Brevier Weit von hier, ganz nah bei uns mit sechzehn ebenso tiefgründigen wie verspielt heiteren Collagen versehen sind, heißt es erklärenderweise: «Jede Tür kann unerwartet Zugang in eine neue Welt gewähren, die entdeckt werden will. Wie die Januarische Botschaft. Welche Tür es sein wird und wann es geschehen wird, weiß kein Mensch im Voraus.»
Warum es gerade 15 Kapitel, 15 Liebesbekenntnisse in dieser kleinen «Summa» ihres literarischen wie bilderreichen Kosmos gibt, hat Tonke Dragt selbst nicht erläutert. Aber die Zahl 15, wie Wolfgang Held in seinem Buch Alles ist Zahl. Was uns die Zahlen 1 bis 31 erzählen ausführt, ist die «verkannte Zahl» wie auch die Anzahl der Eigenschaften der Liebe, die der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther aufzählt. Vielleicht hat Tonke Dragt gespürt, dass auch die Welt von uns verkannt und viel zu eng gesehen wird. In ihrer Drei-, bzw. mit der Zeit zusammen, Vier-Dimensionalität verbirgt sie noch viel mehr, als wir in unserer Philosophie und Wissenschaft über sie zu ahnen wagen.
Fünfzehn Jahre ist es her, da schrieb Jeanette Donkersteeg in der niederländischen Zeitung, dem Reformatorisch Dagblad vom 4. Oktober 2000: «Tonke, die älteste von drei Schwestern in der Familie Dragt, wird 1930, am 11. November niederländischer und am 12. November indonesischer Zeit in Batavia (dem heutigen Djakarta) geboren.» Wenn schon zwei Tage für einen Geburtstag auf dieser Erde angegeben werden können, wer weiß wie viele andere Geburtstage es in einer der vielen anderen Welten gibt, zu denen uns Tonke Dragt mit ihren Büchern und ihrem Hinweis auf die geheimnisvollen Welten hinter unseren Türen führt!? Jedenfalls scheint sie dem 11. November besonders verbunden zu sein, denn auf einer der Vor-Seiten zu ihrem großen Buch Auf der anderen Seite der Tür steht die Widmung FÜR OTTO und darunter mit Hand geschrieben: GEHÖRT OTTO 11. Nov. 199*.
11 ist die Zahl der «Krise und Brücke» und 12 die Zahl der «ganzen Welt». Darin steckt vielleicht etwas von deinem geheimen Auftrag, liebe Tonke, uns auf die Brücken hinter den Türen hinzuweisen, die in die ganze Welt führen, auch der verborgenen, geheimnisvollen. – Leb wohl! Und habe von Herzen Dank!