Mein großzügiger, lichtumfluteter Schreibtisch ist Dreh- und Angelpunkt meines Schaffens, meiner Kreativität. Um mich herum liegen zahlreiche Stifte, Pinsel, Tusche, Aquarellfarben und Produktsamples. An diesem Tisch werden erste Ideen auf Papier gebracht, Recherchen betrieben, Inspirationen gesammelt, das am Tag fotografierte bearbeitet und die Bestellungen verwaltet. Von hier aus strebt Studio Karamelo in die Welt hinaus. Dazwischen stehen Zweige. Frische, getrocknete. Momentan zarte, langstielige Eukalyptuszweige, deren unregelmäßige Biegungen und spielerische Blattanordnungen mich jeden Morgen aufs Neue faszinieren. Auf der anderen Seite steht ein Sträußchen Lavendel aus dem eigenen Garten. Dort verbringe ich meine Zeit am liebsten, wenn ich nicht am Schreibtisch sitze. Die Hände in der Erde, den Kopf zwischen Zweigen und Blüten, umgeben vom Duft blühender Blumen und würziger Kräuter.
Wirklich still sitzen und ruhen kann ich hier nicht. Es gibt immer etwas zu tun, zu sehen und zu beobachten. Ich gehe darin auf, meine Hände durch Gräser und Pflanzen streifen zu lassen. Wäre ich nicht Designerin geworden, hätte ich mich fürs gärtnerische Gestalten entschieden.
Von jedem Gang in den Garten oder auf den Balkon komme ich mit mindestens einem Zweiglein wieder, das meine Faszination geweckt hat. Seien es die Reihen kleiner Blättchen, die sich in fein geordneter Gleichmäßigkeit den Stängel hinaufwinden, seien es die in sich verflochtenen Ästchen oder die filigranen Blüten, die gerade dabei sind, sich zu entfalten.
Ein immer wieder neues Schauspiel, das an jeder Pflanze, an jedem Stängel eine andere Form annimmt. Und das zu jeder Jahreszeit ein anderes ist. Ob feine geäderte Blätter, verknöcherte Äste, spitze Disteln, zartgliedrige Dolden, abstrakt anmutende Algen oder getrocknete Frucht- und Blütenstände – all diese Formen faszinieren mich. Meist setze ich mich nach dem Pflücken direkt hin und versuche diese Schönheit mit Bleistift und
Tusche auf Papier zu übertragen. Oder aber ich konserviere meine pflanzlichen Mitbringsel. Zwischen Holz, Pappe und Papier gepresst kommen sie dann später in Bilderrahmen, auf Grußkarten oder dienen als Vorlage für neue Motive.
Das Blumenpressen ist für mich in den letzten Jahren zu einer neuen Passion geworden. Nicht nur, dass der hierfür erforderliche, sorgsame Arbeitsprozess eine Fortführung der Arbeit im Garten ist, auch Papier und Pflanzen – meine liebsten Materialien – gehen hierbei eine wunderbare Zusammenarbeit ein und lassen etwas Neues entstehen. Eine gepresste Pflanze strahlt eine ganz andere Anmutung aus als eine frische. Nicht nur, dass man feines Blatt- und Blütenwerk oftmals viel besser betrachten kann als im frischen Zustand, durch die eigene Hand entsteht gleichsam auch eine völlig neue Komposition.
In Reminiszenz an die Blumenpresse, die ich als Kind von meiner Tante geschenkt bekam und an meine Großmutter, die mich auf vielen Ausflügen in die Natur den pflanzlichen Schönheiten am Wald- und Wiesenrand näher brachte, entstand vor einigen Jahren der Wunsch, eine eigene Blumenpresse zu entwerfen. Eine, die nicht nur praktisch in der Handhabung ist, die man überallhin mitnehmen kann, sondern vor allem eine, die schön und schlicht gestaltet und nachhaltig produziert ist. Diese Blumenpresse gibt es mittlerweile in zwei Ausführungen und ist zum Bestseller in meinem Produktsortiment geworden.
Und was macht man mit all den gepressten Blumen und Blättern, außer sie in Büchern zu vergessen? Diese Frage höre ich oft – und nun kann ich nicht nur antworten, sondern gleich ein ganzes Buch voller Ideen als Antwort herzeigen. Denn ein großer Wunsch hat sich erfüllt: Papier und Pflanzen haben sich verbunden und sind zum Buch Veilchen, Farn & Ringelblumen. Gestalten mit gepressten Pflanzen geworden.