Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Wer die Aufführungen in Berlin verpasst hat, der kann sich jetzt auf einen doppelten Genuss freuen. What moves you? – das einzigartige Eurythmie-Projekt kommt als Dokumentarfilm ab September ins Kino!
Im Sommer 2012, dem hundertsten Geburtsjahr der Eurythmie, fanden nach einem Auswahlverfahren 83 Jugendliche aus 14 Nationen im Alter zwischen 17 und 23 Jahren zu einem wahrhaft unglaublichen Vorhaben zusammen, um – gemeinsam mit einem erfahrenen Choreografen- und Künstlerteam – in nur vier Wochen Probenzeit die berühmte fünfte Symphonie von Beethoven zu inszenieren, sowie das zeitgenössische Musikstück Fratres von Arvo Pärt. Musikalisch begleitet wurde das Projekt vom Jugend-Orchester Gnessin-Virtuosen. Die rund vierzig Musiker unter der Leitung von Mikhail Khokhlov kommen von einem der besten Konservatorien Russlands.
Wie die eurythmischen Projektleiter und Künstler auf diese Idee gekommen sind, was sie selbst bewegt und angetrieben hat und woher die Durchhaltekraft kam – das werden wir nun im Film erfahren. Christian Labhart, der vielfach ausgezeichnete Schweizer Dokumentarfilmer, der schon durch Appassionata begeistern konnte, und seine Crew haben das Projekt mit der Kamera begleitet. What moves you – Jetzt kommt alles in Bewegung zeigt die Entwicklung eines künstlerischen Prozesses im Stil bekannter Vorbilder wie beispielsweise
Rhythm is it.
Der Blick aber hinter die Kulissen einer Kunst, die fern des öffentlichen Rampenlichts, fast ganz im Verborgenen blüht, ist natürlich eine besondere Herausforderung. Das hätte leicht schief gehen können, in Form eines didaktischen Lehrstücks. Doch der Regisseur hält sich konsequent an den künstlerischen Prozess und die Dynamiken des Zwischenmenschlichen. Er selbst macht im Lauf der Zeit eine Entwicklung durch. Früher sei er oft in Eurythmie-Aufführungen eingeschlafen, nun erfährt er den Sinn des Eurythmischen immer klarer: «Mich beeindruckte die starke seelische Verbundenheit der Jugendlichen mit den Bewegungen ihres Körpers.»
Die Fragestellung, auf welchen Gesetzmäßigkeiten diese Kunst eigentlich basiert, was es bedeutet, Eurythmie zu machen, wird in diesem Portrait auf fünf Protagonisten fokussiert. Sie werden im Lauf des Films interviewt und in verschiedenen Szenarien vorgestellt und begleitet. Nicht nur auf der Bühne mit ihren Sternstunden und Enttäuschungen, den Hoffnungen und Rückschlägen auf dem Weg zur Aufführung, sondern auch im normalen Alltagsleben. Und so spart die einfühlsame Dokumentation auch Krisen und tränenreiche Konflikte nicht aus und bleibt doch respektvoll. Sie verletzt weder die Intimsphäre der Beteiligten, noch macht sie den Zuschauer zum Voyeur. So können wir unmittelbar teilhaben an der Begeisterung aller Mitwirkenden. Darüber hinaus zeigt sich: Die Sprache der Eurythmie ist mitteilbar – auch in Filmbildern. Dazu braucht es allerdings die «geneigte Einstellung», den herzlichen Blick hinter der Kamera.
Die Welt zeigt uns immer mehr Oberflächen. Dieser Film gewährt Aussicht ins Freie der menschlichen Seele. Wenn sich dort die Schleier heben und man den anderen in seiner menschlichen Tiefensphäre erfahren kann, dann ist es ein Kunstwerk. Oder wie es im Begleittext heißt: «Nach einer Aufführung wie dieser wünschen Sie, dass sich der Vorhang niemals schließt.»