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Lauren St John

Glory

Nr 223 | Juli 2018

gelesen von Simone Lambert

«1200 Meilen. Das klingt doch nach einem anständigen Rennen … Wir bieten einen Anreiz, der der Herausforderung gerecht wird. Eine goldene Schnalle … plus 100.000 Dollar. Nein, besser 250.000. Und zwar alles für den Sieger.»
«Ehe das Jahr um ist, stellen wir das Rennen auf die Beine … Wir können den Oktober anpeilen, den Scheitelpunkt zwischen Herbst und Winter. Dann spielt das Wetter auch eine Rolle.» … «Ich will außerdem, dass sich auch Teenager angesprochen fühlen – die Art von Jugendlichen, die dazu beigetragen haben, unser Land zu formen.»
Jonas B. Ellington, ein erfolgreicher Geschäftsmann, ist vielleicht ein Romantiker, aber keineswegs naiv. Er ist ein Menschenfreund, einer, der daran glaubt, dass Vertrauen in Menschen eine Investition ist. Und so wird er ein junges Mädchen unterstützen, das von ihm initiierte, längste Pferde­­­­­rennen der Welt, das Glory, zu reiten: auf einer Route, die durch das Herz des Wilden Westens führt, von Colorado nach Idaho.
Alexandra Blakewood aus Surrey in England weiß noch nichts von diesem Rennen, als sie von ihrer Mutter und dem Stiefvater auf ein amerikanisches Internatscamp für Jugendliche geschickt wird – eine Strafe, nachdem sie aus Trotz eine Facebook-Party im noblen Haus ihrer Eltern angezettelt hat, die in einem Desaster endete. Alex kann nicht fassen, dass sie sich dem sadistischen Campleiter und seinem demütigenden System aus Drill und Strafen beugen soll. Doch ihr Widerstand ist erfolglos und alles, was ihr bleibt, ist ein Fluchtplan. Und ihre Entschlossenheit, den Palominohengst Scout vor dem Abdecker zu retten. Bei einer Survival-Aufgabe bietet sich Alex die Chance zur Flucht. Sie entkommt auf dem Palomino und hält das Distanzrennen, das sie von Anfang an fasziniert, für das beste Versteck.
Mit ihr geht auch Will aus Tennessee an den Start, ein gutaussehender, hilfsbereiter Junge, der mit dem Preisgeld die Herzoperation seines Vaters bezahlen möchte. Will ist ihr Rivale und Alex dennoch ein echter Freund. Die beiden bilden ein Team, doch ihre starken Gefühle füreinander verunsichern sie zunehmend …
Der Roman Glory von Lauren St John ist eine Road Novel der be­sonderen Art. Vor den Schilderungen dieses langen Ritts durch eine weite, imposante Landschaft, die den Jugendlichen und ihren Pferden alles abverlangt, verblasst die abenteuerliche Rahmenerzählung beinahe. Es geht durch felsige Gebirge, Hitze, Unwetter, durch Schnee und Eis, die Alex fast das Leben kosten. Der knochenharte Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern trifft vor allem Will.
Die Autorin lässt den Lesenden an den Strapazen und Gefahren, dem Glück der Verbundenheit mit den Pferden und dem Gefühl von Freiheit teilhaben; ihre Schilderungen des Rennens sind kenntnisreich und erfahren. Ihre Sprache vermag sinnliche Eindrücke ebenso zu fassen wie die Grandiosität der Landschaft. Und St John erzählt ein­fühlsam eine aufregende Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Menschen, die aus grundverschiedenen Verhältnissen kommen. Dieser starke Roman ist auch eine Huldigung an Amerika, vor dessen unendlich weiter Landschaft dem Individuum alles neu und möglich scheint. Alex erlebt das Abenteuer ihres Lebens und meistert eine selbstgewählte Herausforderung. Denn Sieger in diesem Rennen sind nicht nur die, die als erste durchs Ziel gehen … Ein echter Pageturner – ein mitreißendes Leseerlebnis!